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Mag.a (FH) Sabine Pötz

„Meiner Erfahrung nach ist es wesentlich zu verstehen, dass ein Video-Call im Vergleich zum persönlichen Gespräch andere Rahmenbedingungen schafft, weshalb es sinnvoll ist, den Recruiting-Gesprächsprozess entsprechend zu adaptieren!“ betont Mag. (FH) Sabine Pötz, Gründerin von TECHSEARCH, Recruiting-Expertin und HR-Beraterin für strategische Personalbedarfsplanung und -abdeckung im aktuellen Artikel:

April 16, 2020

4 Recruiting-Tipps für ein erfolgreiches Vorstellungsgespräch via Video-Call (Teil 2)

Die Idee, den bisherigen Vorstellungsgesprächsprozess eins zu eins auf Video-Calls zu übertragen, ist nicht sinnvoll. Wenn sich Rahmenbedingungen verändern, muss man auch den Prozess adaptieren. Vier Tipps, die ich heute etwas näher ausführen möchte, habe ich Ihnen dazu in meinem letzten Artikel „4 Recruiting-Tipps für einen erfolgreiches Vorstellungsgespräch via Video-Call (Teil 1)“ bereits präsentiert.

Tipp 1: Zeit geben zum Ankommen

Dadurch, dass viele Elemente eines persönlichen Termins wegfallen, wie z.B. der Empfang, die Räumlichkeiten bzw. die neue Umgebung, das Anbieten eines Getränks und die in dieser Zeit stattfindenden Gespräche, ist man geneigt dazu, sofort mit den Inhalten zu starten. Nehmen Sie sich zu Beginn des Gesprächs Zeit für Socializing und fragen Sie z.B. nach folgenden Themen:

  • Wie geht es Ihnen in der momentanen Situation, von der wir als Gesellschaft betroffen sind?
  • Ist für Sie die Video-Call-Situation neu? Haben Sie Erfahrung, Meetings mit Video-Calls zu führen?
  • Wie denken Sie darüber, dass viele Vorstellungsgespräche momentan in dieser Form abgewickelt werden?
  • Können Sie sich vorstellen eine positive Jobentscheidung zu treffen, wenn wir uns ausschließlich in dieser Form kennen lernen?

Wie Sie sehen, lernen Sie die bewerbende Person dadurch auch näher kennen und sammeln wichtige Informationen für den weiteren Gesprächsverlauf. Daher überlegen Sie sich konkrete Fragen und Themen, die Sie ansprechen können, um ein Ankommen im Gespräch zu fördern. Nützlich und sympathisch kann auch sein, wenn Sie auch Ihre Erfahrungen mitteilen.

Tipp 2: Volle Aufmerksamkeit geben und einfordern

Achten Sie darauf, dass Sie mit einer ebenso hohen Aufmerksamkeit im Gespräch sind, wie Sie es auch tun, wenn Ihnen die Person direkt gegenübersitzt.

  • Schalten Sie das Telefon lautlos und Ihre Notifications und Erinnerungen am Laptop aus. Sie dürfen das auch von Ihrem Gegenüber erwarten – sprechen Sie es an!
  • Nutzen Sie ganz gezielt verschiedene Fragetechniken, damit Ihr Gegenüber nicht in zu lange Monologe abdriftet. Sorgen Sie beidseitig für kurze Gesprächssequenzen.
  • Nutzen Sie Gestik und Mimik ebenso wie im persönlichen Gespräch, um natürlich zu agieren und um die Wahrnehmung von Bild und Ton zu verbinden.

Diese Themen sind selbstverständlich in jedem Vorstellungsgespräch wichtig, gewinnen im Video-Call aber insofern aber an Bedeutung, weil es schwieriger ist, die Person in dem kleinen Bildausschnitt in Ihrem Auftreten vollständig wahrzunehmen.

Tipp 3: Prozessmoderation, um die fehlende nonverbale Kommunikation auszugleichen

Die Moderation des Vorstellungsgesprächsprozesses ist anzupassen, da Informationen, welche durch nonverbale Kommunikation übermittelt werden, im Video-Call überwiegend wegfallen bzw. nicht wahrgenommen werden können. Dieser Wahrnehmungsverlust ist durch Erklärungen auf der Metaebene zu ersetzen, um einen harmonischen Gesprächsverlauf sichern zu können.

Moderieren Sie den Prozess, indem Sie

  • Gesprächsteilnehmerinnen und -teilnehmern bewusst das Wort übergeben,
  • gezielt nach Stimmung, Eindruck und Wahrnehmung fragen,
  • Gesprächspausen zum Nachdenken ankündigen und Pausen erklären, wenn Sie gerade in Ihren Notizen oder am Laptop etwas nachlesen, usw.

Blickkontakte, ein Kopfnicken, eine leichte Handbewegung, die Sitzhaltung und zahlreiche andere nonverbale Kommunikationsabläufe, welche wie selbstverständlich zwischen Ihnen und Ihren Kolleginnen und Kollegen ablaufen, sind im Video-Call nicht mehr so eindeutig oder gar nicht wahrnehmbar.

Überlegen Sie sich daher auch zu diesem Aspekt vorab, wie Sie die fehlende nonverbale Kommunikation mit Ihrem Team wettmachen können.

Tipp 4: Technische Störungen dürfen sich nicht nachteilig auf die Ergebnisqualität auswirken

Wenn es vor oder im Video-Call zu technischen Störungen kommt, ist es wichtig, dass Sie dennoch professionell mit der Situation umgehen. Eine technische Störung kann trotz bester Vorbereitung passieren. Ist diese Störung nicht binnen weniger Minuten zu beheben, ist es meiner Erfahrung nach meistens sinnvoller, das Gespräch zu beenden und einen Ersatztermin zu vereinbaren. In diesem Fall rufen Sie sofort die Bewerberin bzw. den Bewerber an und

  • vereinbaren Sie einen neuen Gesprächstermin,
  • versichern Sie sich, dass beide Seiten wissen, bei welchen Themen sie das nächste Mal weitermachen,
  • klären Sie, ob Maßnahmen zu setzen sind, durch die weitere technische Störungen vermeidbar sind und
  • sorgen Sie für einen positiven Gesprächsabschluss.

Handeln Sie bei technischen Störungen mit dem Bewusstsein, dass Sie und die bewerbende Person das Recht und vor allem Sie als Recruiter auch die Verantwortung haben, dass das Vorstellungsgespräch unter Bedingungen stattfindet, welche das Ergebnis nicht negativ beeinflussen.

Ich freue mich, wenn auch Sie mir Einblicke in Ihre Erfahrungen geben und wir uns zu diesem Thema weiter austauschen. Wie geht es Ihnen mit Video-Calls? Welche Tipps haben Sie für Ihre Recruiting-Kolleginnen und Kollegen? Schreiben Sie mir oder rufen Sie mich an! Ich freue mich auf einen interessanten Erfahrungsaustausch!